Dienstag, 7. Mai 2013

Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts Nr. 29/13: Kündigung wegen Kirchenaustritts


Pressemitteilung Nr. 29/13


Kündigung wegen Kirchenaustritts

Der Austritt eines Mitarbeiters einer von einem katholischen Caritasverband getragenen Kinderbetreuungsstätte aus der katholischen Kirche kann die Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen.

Nach Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV ordnet und verwaltet jede Religionsgesellschaft ihre Angelegenheiten innerhalb der Schranken der für alle geltenden Gesetze selbst. Dieses Recht kommt neben den verfassten Kirchen auch den ihnen zugeordneten karitativen Einrichtungen zu. Es ermöglicht ihnen, in den Schranken des für alle geltenden Gesetzes den kirchlichen Dienst auch im Rahmen privatrechtlich begründeter Arbeitsverhältnisse entsprechend ihrem Selbstverständnis zu regeln. Nach der Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse von 1993 ist der Austritt aus der katholischen Kirche ein schwerwiegender Loyalitätsverstoß, der eine Weiterbeschäftigung des Mitarbeiters nicht zulässt. Im Kündigungsschutzprozess haben die Arbeitsgerichte zwischen den Grundrechten der Arbeitnehmer - etwa auf Glaubens- und Gewissensfreiheit - und dem Selbstbestimmungsrecht der Religionsgesellschaft abzuwägen.

Der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts hat - wie die Vorinstanzen - die Klage eines seit 1992 beim beklagten Caritasverband beschäftigten Sozialpädagogen gegen eine auf seinen Austritt aus der katholischen Kirche gestützte Kündigung abgewiesen. Der Kläger arbeitete in einem sozialen Zentrum, in dem Schulkinder bis zum 12. Lebensjahr nachmittags betreut werden. Die Religionszugehörigkeit der Kinder ist ohne Bedeutung. Religiöse Inhalte werden nicht vermittelt. Im Februar 2011 trat der Kläger aus der katholischen Kirche aus. Gegenüber dem Beklagten nannte er als Beweggründe die zahlreichen Missbrauchsfälle in katholischen Einrichtungen, die Vorgänge um die „Piusbruderschaft“ und die Karfreitagsliturgie, in der eine antijudaische Tradition der katholischen Kirche zu Tage trete.

Der Kläger hat durch seinen Austritt gegen seine arbeitsvertraglichen Loyalitätsobliegenheiten verstoßen. Aufgrund dessen war es dem Beklagten nicht zumutbar, ihn als Sozialpädagogen weiterzubeschäftigen. Nach dem kirchlichen Selbstverständnis leistete der Kläger unmittelbar „Dienst am Menschen“ und nahm damit am Sendungsauftrag der katholischen Kirche teil. Ihm fehlt infolge seines Kirchenaustritts nach dem Glaubensverständnis des Beklagten die Eignung für eine Weiterbeschäftigung im Rahmen der Dienstgemeinschaft. Zwar hat auch die Glaubens- und Gewissensfreiheit des Klägers ein hohes Gewicht. Sie musste aber hier hinter das Selbstbestimmungsrecht des Beklagten zurücktreten. Dieser kann im vorliegenden Fall von den staatlichen Gerichten nicht gezwungen werden, im verkündigungsnahen Bereich einen Mitarbeiter weiterzubeschäftigen, der nicht nur in einem einzelnen Punkt den kirchlichen Loyalitätsanforderungen nicht gerecht geworden ist, sondern sich insgesamt von der katholischen Glaubensgemeinschaft losgesagt hat. Beschäftigungsdauer und Lebensalter des Klägers fielen demgegenüber im Ergebnis nicht ins Gewicht. Für Sozialpädagogen gibt es zudem auch außerhalb der katholischen Kirche und ihrer Einrichtungen Beschäftigungsmöglichkeiten.

Der Kläger wird durch die Kündigung nicht iSv. § 1, § 7 AGG diskriminiert. Die Ungleichbehandlung wegen seiner Religion ist nach § 9 Abs. 1, Abs. 2 AGG gerechtfertigt. Eine entscheidungserhebliche Frage der Auslegung von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 stellte sich angesichts der Art der vom Kläger ausgeübten Tätigkeit nicht.



Bundesarbeitsgericht
Urteil vom 25. April 2013 - 2 AZR 579/12 -

Vorinstanz: LAG Baden-Württemberg - Kammern Mannheim -
Urteil vom 9. März 2012 - 12 Sa 55/11 -


siehe auch zum Arbeitsrecht:  www.fachanwalt-arbeits-recht.de oder www.bork-rechtsanwalt.de


Montag, 18. Februar 2013

Emma und Felix: Verlängerung Befristung

Emma ist überfällig. Termin war der 31. Januar 2013. An diesem Tag lief ihr befristeter Arbeitsvertrag aus. Ihr Chef hatte gesagt, dass alles in Ordnung sei und sie eine Verlängerung bekäme. Die Personalabteilung sei derzeit aber so überlastet. Eine Dame sei im Mutterschutz und der Krankenstand sei auch so hoch. Da könne man eben nichts machen.

Am 01. Februar 2013 ging sie ganz normal zur Arbeit. Ebenso in der Folgezeit. Jetzt findet sie in ihrem Postfach ein Schreiben mit folgenden Inhalt:

"Wir freuen uns Ihnen mitteilen zu können, dass wir Ihr Arbeitsverhältnis über den 31. Januar 2013 hinaus um weitere 6 Monate verlängern und aufgrund Ihrer gezeigten Leistungen das Gehalt um monatlich 50,00 € erhöhen. Bitte unterschreiben Sie die beiden Exemplare und reichen eines der beiden zur Personalabteilung."

Emma freut sich. Aber ist da nicht irgendetwas bei der Verlängerung zu beachten?

Emma hat recht. Aber die Probleme liegen jetzt beim Arbeitgeber. Grundsätzlich kann ein befristetes Arbeitsverhältnis unprobleamtisch verlängert werden. Verlängerung bedeutet jedoch, dass vor dem Ablauf der Befristungszeit seitens des Arbeitegebers schriftlich die Verlängerung bekannt gegeben wird. Eine nachträgliche schriftliche Fixierung über die Verlängerung ist nicht möglich.

Des Weiteren heißt Verlängerung, dass die arbeitsvertraglichen Bedingungen im Übrigen unverändert bleiben. Kleinste Veränderungen bei den Arbeitsbedingungen, wie vorliegend z.B. die Anhebung der Vergütung, führen zu einer unwirksamen Befristungsabrede. Die Rechtsfolge ist, dass gemäß § 16 Teilzeitbefristungsgesetz ein Arbeitsvertrag auf unbestimmte Zeit als geschlossen gilt.

Für Emma ist die Nachricht toll. Wenn sie jetzt einen unbefristeten Arbeitsvertrag hat, dann könnte man doch über den Kinderwunsch einmal nachdenken.

Montag, 4. Februar 2013

Emma und Felix: Ende der Winterpause

Um Emma und Felix war es während der Winterpause sehr ruhig geworden. In der Werbefirma hat sich auch vieles geändert. Einige Großkunden haben der Firma den Rücken gekehrt. Einfach war es nicht. Der Chef hat etwas von Flexibilisierung der Arbeitszeit gefaselt. Was soll das sein? Kann der Arbeitgeber einfach Stunden kürzen oder gar das Gehalt senken? Auch die betriebliche Weihnachtsfeier hat Ihre Spuren hinterlassen. So ist bis heute noch nicht klar, wie die Scheibe vom Kopierer kaputt gehen konnte. Wer muss das eigentlich bezahlen, wenn ein Arbeitnehmer Betriebsmittel kaputt macht? Felix muss zunehmend auch zu Kunden fahren. Wäre da nicht mal ein Firmenwagen angebracht? Emma hat ganz andere Probleme. Sie ist überfällig und kann sich nur noch schwer konzentrieren ...

Durchsetzung Anspruch auf Urlaubsgewährung

Die Gewährung von Urlaub führt immer wieder zu Streitigkeiten zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Der Umfang des zu gewährenden Urlaubs steht dabei weniger im Streit. Es geht in erster Linie um die Lage und die Dauer. Das ist verwunderlich. Denn die gesetzlichen Vorgaben sind eindeutig.

Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG sind die Wünsche des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber zu berücksichtigen. Das ist der Grundsatz. Der Arbeitgeber darf die Wünsche nur dann zurückweisen, wenn dringende betriebliche Gründe oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer entgegen stehen.

Die pauschale Behauptung, dass dringende betriebliche Gründe oder Belange entgegenstehen, ist nicht zulässig. Der Arbeitgeber hat die Pflicht, die Abläufe in seinem Betrieb so zu planen und einzurichten, dass die berechtigten und zu erwartenden Urlaubswünsche gewährt werden können. Der Arbeitgeber hat entsprechendes Personal vorzuhalten. Auch spricht das Gesetz von dringenden betrieblichen Gründen. Bereits aus der Formulierung wird deutlich, dass nicht jede Einschränkung bzw. Probleme eine Zurückweisung des Wunsches begründen kann. Im Übertragungszeitraum (Januar bis März des Folgejahres) ist das Berufen auf dringende betriebliche Gründe durch den Arbeitggeber ausgeschlossen.

Soziale Gesichtspunkte gegebn den Vorrang für andere Arbeitnehmer. Hat ein Kollege z.B. schulpflichtige Kinder, so wir er bei der Gewährung von Urlaub während der Ferien im Verhältnis zu einem Mitarbeiter, der keine schulpflichtigen Kinder hat, bevorzugt.

Wichtig! Der Arbeitnehmer hat kein Selbstbeurlaubungsrecht. Lehnt der Arbeitgeber den Urlaubswunsch ab, so muss der Arbeitenehmer die Gewährung des Urlaubs vor dem Arbeitsgericht gerichtlich geltend machen. Hierzu hat er zwei Möglichkeiten:

  • Leistungsklage auf Urlaubsgewährung
  • Einstweiliger Rechtsschutz

Befristete Arbeitsverträge

Wer kennt das nicht? Ein neuer Arbeitsvertrag, aber nur befristet. In zahlreichen Wirtschaftszweigen ist die Befristung von Arbeitsverhältnissen fast die Regel geworden. In der anwaltlichen Praxis nehmen Entfristungsklagen deutlich zu. Denn zahlreiche Befristungen sind unwirksam. Die Rechtsfolge einer unwirksamen Befristung ist das Bestehen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses.

Möchte man die Unwirksamkeit einer Befristung gerichtlich feststellen lassen, so muss man innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende Klage vor dem Arbeitsgericht erheben. Versäumt man diese Klagefrist, so gilt die Befristung per Gesetz von Anfang an als wirksam.

Auf folgende Dinge sollte man unbedingt achten:
  • Ist die Schriftformerfordernis nach § 14 Abs. 4 TzBfG eingehalten?
  • Schädlich ist auch jede Vorbeschäftigung (z. B. als Aushilfe). Der sich auf § 14 Abs. 2 TzBfG stützende Vertrag muss vor der Arbeitsaufnahme des Arbeitnehmers geschlossen sein. Wurde die Arbeit bereits angetroten und erfolgt dann die schriftliche Niederlegeung, kann die Befristung unter Umständen aufgrund tatsächlicher Vorbeschädftigung unwirksam sein
  • Ein häufiger Fehler geschieht im Zusammenhang mit der Verlängerung von Arbeitsverhältnissen. Der Begriff der Verlängerung wird sehr eng ausgelegt. Die Verlängerungsvereinbarung zum befristeten Arbeitsvertrag darf letztlich nur die Veränderung der Laufzeit beinhalten. Jegliche anderen Änderungen (z. B. Anhebung Gehalt, mehr Urlaub) sind rechtlich als Neuabschluss zu bewerten und können eine Unwirksamkeit der Befristung herbeiführen.
www.fachanwalt-arbeits-recht.de

Prozesskostenhilfe

Viele Arbeitnehmer stecken in einer misslichen Lage. Der Arbeitgeber zahlt das Geld nicht oder kommt seinen sonstigen Verpflichtungen nicht nach. Die Miete muss bezahlt werden und der Kühlschrank ist leer. Wie soll man da auch noch einen Rechtsanwalt bezahlen?

Man kann dann natürlich auch alleine zum Arbeitsgericht gehen und bei der Rechtsantragsstelle sein Begehren äußern. Die Rechtsabtragstelle kann einen Arbeitnehmer aber nicht so beraten wie es ein Rechtsanwalt machen kann. Auch kann diese z. B. keine außergerichtliche Streitbeilegung anstreben. Das kann aber sehr wichtig sein, wenn das Verhältnis zum Arbeitgeber nicht durch einen Prozess zerstört werden soll. Der Rechtsanwalt berät einen auch über die Möglichkeit des Beratungshilfescheins und der Beantragung von Prozesskostenhilfe, wenn man nicht in der Lage ist die Tätigkeit des Rechtsanwalts aus eigener Tasche zu finanzieren. Der Rechtsanwalt hat den Mandanten auch vor der Beauftragung über die anfallenden Kosten zu informieren. Zudem ist bei Verbrauchern die Höhe de anwaltlichen Gebühren bei einer Erstberatung per Gesetz ausdrücklich auf maximal 190,00 Euro netto limitiert. Ein Arbeitnehmer sollte daher keine Angst vor der Befragung eines Rechtsanwalts haben.

Mittwoch, 21. November 2012

Emma und Felix: Es muss ein Betriebsrat her!

Felix ist der Überzeugung, dass ein Betriebsrat unausweichlich ist. Mit der elektronsichen Personalakte fängt es jetzt an. Als nächstes wird unter Umständen noch eine elektronische Zeiterfassung eingeführt. Und dann? Vielleicht noch ein geselliges Kanzkörperscreening in der Haupthalle? Nein, dass muss man sich nicht alles bieten lassen. Zumindest sollen die Mitbestimmungsrechte und Interessen der Arbeitnehmer ausreichend gewahrt werden. Wie geht es jetzt weiter bzw. was ist der grobe Ablauf?